Eine Alpenüberquerung mit dem Gravelbike zählt zu den größten Abenteuern, die du dir als Ausdauersportler gönnen kannst. Wer von Deutschland über die Alpen nach Italien fährt, durchquert nicht nur mehrere Klimazonen und Landschaften – er fordert auch den eigenen Körper bis an die Grenze.
Damit du deine Tour nicht nur erfolgreich, sondern vor allem mit Freude und Sicherheit bewältigst, ist die richtige Trainingsvorbereitung entscheidend. In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du dein Training aufbauen kannst. Gleichzeitig teile ich meine persönlichen Erfahrungen, die mir geholfen haben, fit und belastbar für mehrere Tage in Folge auf dem Sattel zu sein.
Warum ein gezieltes Training so wichtig ist
Viele unterschätzen, dass bei einer Alpenüberquerung nicht nur einzelne, steile Anstiege zur Belastungsprobe werden. Vor allem die Kombination aus langer Fahrzeit, aufeinanderfolgenden Etappen und der Höhenanpassung stellt dein Herz-Kreislauf-System und deine Muskulatur vor Herausforderungen.
Wenn du bisher vor allem Tagestouren gewohnt bist, wirst du feststellen: Mehrere Tage hintereinander zu fahren ist eine andere Liga. Deshalb solltest du dein Training langfristig aufbauen und deinen Körper Schritt für Schritt an diese Belastung gewöhnen.
So habe ich mein Trainingspensum gesteigert
Aus meiner Erfahrung hat es sich bewährt, das Trainingsvolumen in den letzten Wochen vor der Tour kontinuierlich zu steigern. Dabei habe ich nicht nur die Gesamtkilometer pro Woche erhöht, sondern auch die Zahl der aufeinanderfolgenden Trainingstage.
Dieses Prinzip – mehrere Tage am Stück Rad zu fahren – war einer der Schlüsselfaktoren für meine Leistungsfähigkeit während der Alpenüberquerung. Denn nur so konnte ich meinem Körper beibringen, sich nach einer intensiven Etappe über Nacht ausreichend zu regenerieren, um am nächsten Morgen wieder belastbar zu sein.
Mein Tipp:
Plane in den letzten 6–8 Wochen vor dem Start mindestens zwei Blöcke, in denen du an 3–4 Tagen hintereinander Rad fährst. Diese Etappen dürfen kürzer sein als die späteren Tagesetappen, aber sie helfen enorm, deine Ausdauer und Resilienz zu trainieren.
Trainingsbausteine: So kombinierst du Ausdauer und Kraft
Eine Alpenüberquerung erfordert nicht nur Grundlagenausdauer, sondern auch Explosivkraft in den Beinen – vor allem für steile Rampen auf Schotter. Deshalb sollte dein Trainingsplan aus drei wesentlichen Bausteinen bestehen:
- Grundlagentraining
- Lange, moderate Ausfahrten (60–80% der maximalen Herzfrequenz)
- Ideal für Fettstoffwechsel und Ausdauerbasis
- 2–3 Einheiten pro Woche
- Intensive Bergeinheiten
- Kürzere, kraftbetonte Fahrten mit längeren Anstiegen
- Intervalltraining am Berg: z.B. 4 x 10 Minuten im Entwicklungsbereich (85–90% HFmax)
- 1–2 Einheiten pro Woche
- Mehrtagesfahrten
- Simulation der Etappenbelastung
- Fokus auf aufeinanderfolgende Belastungstage
- Steigende Dauer, Strecke und Höhenmeter
Meine Herangehensweise:
Ich habe zunächst die Dauer einzelner Fahrten verlängert und bin in der zweiten Phase gezielt Höhenmeter gefahren. Anschließend habe ich die Kombination aus mehreren Tagen am Stück integriert. Das hat mir geholfen, nicht nur körperlich, sondern auch mental auf die Belastung vorbereitet zu sein.
Beispielhafter Trainingsplan für 8 Wochen
Hier ein Beispiel, wie du deine Einheiten strukturieren kannst:
Woche | Fokus | Trainingsumfang |
---|---|---|
1–2 | Grundlagenaufbau | 3–4 Einheiten, je 2–4 Std, moderat |
3–4 | Mehr Höhenmeter, erste Intervalle | 1 lange Tour (>5 Std), 2 Intervalleinheiten am Berg |
5–6 | Mehrtagesfahrten einbauen | 3–4 aufeinanderfolgende Tage (3–5 Std pro Tag) |
7 | Belastungsspitze | Längste Mehrtagestour, viele Höhenmeter |
8 | Tapering (Reduktion des Umfangs) | Kürzere, lockere Fahrten, Regeneration |
Worauf du beim Training besonders achten solltest
1. Regeneration ernst nehmen:
Ich habe gemerkt, wie wichtig Erholung ist. Gerade wenn du mehrere Tage hintereinander trainierst, solltest du die Beine hochlegen, ausreichend schlafen und dich eiweißreich ernähren.
2. Intensitäten dosiert steigern:
Steile Intervalle am Berg bringen enorm viel, aber sie ermüden auch stark. Ich habe pro Woche maximal 1–2 intensive Einheiten eingeplant und lieber auf Kontinuität gesetzt.
3. Fahrtechnik auf Schotter üben:
Das beste Training nützt nichts, wenn du mit unsicherem Fahrverhalten Schotterabfahrten vermeidest. Plane gezielt Gravel-Strecken in dein Training ein, um Handling und Sicherheit zu verbessern.
Ernährung und Flüssigkeitszufuhr trainieren
Ein Aspekt, der oft vergessen wird: Auf einer Alpenüberquerung verbrennst du täglich 3.000–6.000 Kalorien. Ich habe bereits im Training geübt, regelmäßig zu essen und zu trinken, damit der Magen während der Tour keine Überraschungen bereitet.
Mein Tipp: Trainiere mit denselben Riegeln und Getränken, die du auch auf der Tour verwenden willst. Dein Verdauungstrakt braucht Anpassung genauso wie deine Muskulatur.
Mentale Vorbereitung: Bleib flexibel
Neben der körperlichen Fitness ist mentale Stärke entscheidend. An manchen Tagen wirst du dich schlapp fühlen oder vom Wetter frustriert sein. Durch meine Mehrtagesfahrten habe ich gelernt, auch mit Müdigkeit umzugehen und trotzdem weiterzufahren.
Das Gefühl, trotz Erschöpfung Etappe für Etappe zu schaffen, hat mir enorm geholfen, Selbstvertrauen aufzubauen.
Mein Fazit
Wenn du deine Alpenüberquerung erfolgreich meistern willst, baue dein Training schrittweise auf:
✅ Erhöhe dein Trainingspensum kontinuierlich.
✅ Simuliere Mehrtagestouren.
✅ Steigere Strecke, Dauer und Höhenmeter nach Plan.
✅ Kombiniere Grundlagenausdauer mit intensiven Bergeinheiten.
✅ Übe Fahrtechnik und Ernährung.
Aus eigener Erfahrung kann ich dir versichern: Eine gute Vorbereitung macht den entscheidenden Unterschied zwischen einer quälenden und einer erfüllenden Alpenüberquerung.
Mit diesem Ansatz wirst du nicht nur körperlich topfit an der Startlinie stehen – du kannst dein Bikepacking-Abenteuer auch genießen und stolz auf deine Leistung sein.
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